Mittwoch, 19. Oktober 2011

Konsumwahn

Wow. Da steht sie vor mir, meine neue Trinkflasche. Unglaublich, dass ich mich so sehr über eine  Flasche (!!!) freuen kann! Ich bin so begeistert von ihr, dass ich im Büro, wegen meiner  Lobeshymnen, gefragt wurde, ob ich einen Werbevertrag mit dem Hersteller habe. Jeder der möchte, darf aus ihr trinken, weil ich hoffe, einen neuen Liebhaber zu rekrutieren.
Seit einigen Monaten habe ich bereits eine SIGG Trinkflasche.  Die sieht hübsch aus, ist ohne Weichmacher und ich war sehr stolz auf sie. Bis ich sie traf. Die nalgene ist ebenfalls ohne Weichmacher, nimmt weder Geschmack noch Geruch an, ist auslaufsicher und die Trinköffnung ist perfekt ergonomisch geformt.  Die SIGG ist nun schon das ein oder andere Mal runter gefallen und hat Beulen davon getragen. Bei der nalgene sind nun nach (erst ) zwei Wochen noch keine Gebrauchsspuren erkenntlich – trotz grobem Umgang. Ein weiterer Pluspunkt: sie ist günstiger als die SIGG!

Während ich so von meiner Trinkflasche schwärme frage ich mich, ob eventuell auch Kaufumgebung und Kaufsituation zu meiner Begeisterung beitragen. Denn diese Flasche haben wir in einem sehr guten Outdoor – Geschäft erstanden. Der Laden war relativ leer, so dass ich mich nicht gestresst fühlte. Kein angerempelt werden, keine Anderen, die die Sicht versperren auf das Objekt des Interesses, und kein nerviges Suchen. Trotz der „wenigen“ Kundschaft, gab es fünf Verkäufer, die uns zwar ansprachen, jedoch dabei diskret und freundlich waren.  Die Waren die dort geführt werden sind sehr hochwertig  -  da fühlt sich eine Kinderjacke so wunderbar weich an, dass man diese am liebsten unentwegt an die Wange halten und schmusen möchte. Der Qualität sind natürlich auch die Preise angepasst. Was wiederum der Grund ist, warum dort gleichzeitig fünf Verkäufer beschäftigt sein können, während nur 3 Kunden im Laden sind. Kurzum: die Atmosphäre beim Kauf war ruhig, chillig und angenehm, daher ist die Flasche wahrscheinlich zusätzlich positiv besetzt für mich.

 
Dabei kommt mir dann der Gedanke, warum man beim Einkaufen nicht immer so ein angenehmes Gefühl haben kann…  Daraus ergibt sich folgende Idee:  Es  dürfen nur noch hochwertige Produkte verkauft werden, die so ökologisch und ethisch korrekt wie nur möglich hergestellt wurden. Diese haben natürlich einen höheren Preis, was aber OK ist, weil somit nicht so viele Menschen gleichzeitig einkaufen gehen, denn die müssen ja nun sparen und genau bedenken, bevor sie nun einkaufen gehen. Das hat dann wiederum den Effekt, dass der wahl- und zügellose Konsum gedämpft wird und der Konsument selbst wieder ein Gefühl dafür bekommt, was dieses Stück, das er eben in der Hand hält, eigentlich wert ist. Gleichzeitig gibt es beim lang ersparten Einkauf, dann dieses wunderbare, besondere Gefühl. Schöne Idee, oder? Ich bemerke nämlich, dass es mich manchmal tatsächlich überfordert in einem größeren Geschäft zu sein. Ich weiß ganz genau, was ich kaufen möchte, gehe aber komischerweise mit noch 10 weiteren Produkten nach Hause, die ich zum einen gar nicht eingeplant hatte und bei denen ich mir zum anderen  nicht sicher bin, sie zu brauchen. Ich falle regelmäßig auf die „Sale“ Aufschrift rein obwohl ich doch weiß, dass es nur ein Trick ist. Mein Mann wundert sich sehr über mich (stellvertretend für das weibliche Geschlecht): wieso denke ich bei jedem neuen Vorhaben gleich ans shoppen? Ich möchte joggen und die Wetterbedingungen haben sich geändert? Natürlich brauche ich da erst einmal neue, regenfeste Laufkleidung! Sohnemann geht nun öfters mit dem Kindergarten zum Schwimmen? Dann braucht er natürlich einen größeren und sportlichen Rucksack, in den auch alle Schwimmsachen passen!  Wir wollen übers Wochenende verreisen? Dann brauchen wir natürlich nur für die Reise extra Duschgel (in perfekter kleiner Reisegröße), neue Reisezahnbürsten und natürlich sollten wir überprüfen, ob unsere Reisetasche überhaupt groß genug ist (man könnte sich ja doch vorsichtshalber nach einer neuen umschauen)!
Und ganz ehrlich: ich schäme mich dafür! Dieses Verhalten ist aus vielen Gründen nicht richtig, aber wenn ich das doch weiß, und nicht gutheiße, warum kann ich das nicht einfach ändern?
Wenn mich jemand einladen würde an einem Seminar teilzunehmen mit dem Thema: „richtig konsumieren“ würde ich hingehen! Also bitte, liebe Seminarerfinder und Coaches, denkt euch ein Konzept aus und helft mir aus der Konsumfalle!

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